Nachweise von Genesenen und Geimpften werden kaum geprüft, Schnelltests im hauseigenen Testzentrum unsachgemäß angewandt und in Leipzig steigen die Inzidenz- und Todeszahlen durch die Pandemie. Der StuRa informierte das Rektorat. Es ignoriert die Missstände. Der StuRa informiert die Studierenden, die Öffentlichkeit und das Gesundheitsamt.

„Seit 11. Oktober herrscht an der HTWK wieder echter Hochschulbetrieb – endlich! Ein großer Schritt in Richtung Normalität. Dennoch gehören auch einige besondere Regelungen zur ,neuen Normalität’.“, so heißt es in einem Artikel vom 13. Oktober 2021 auf der Website der HTWK Leipzig. Seit dem 12. Oktober gibt es in der Hochschule einen eigenen Testraum, in dem sich Hochschulangehörige, die sich nicht impfen lassen können oder mit einem in der EU nicht zugelassenen Impfstoff immunisiert sind oder Erst-Geimpfte, nach Vorlage einer ärztlichen Bestätigung mittels eines Schnelltests auf eine Infektion mit Covid 19 testen lassen können. Mit ,besonderen Regelungen’ ist die Einhaltung der 3G-Regel und das Hygienekonzept vom 11.November 2021 der HTWK Leipzig gemeint. Dort ist zu lesen: „Das Vorliegen der Voraussetzungen wird vor Beginn bei Zutritt zu den (Lehr-)Veranstaltungs- oder Prüfungsräumen durch einen externen Dienstleister zumindest stichprobenhaft kontrolliert und ist ihm gegenüber nachzuweisen.“
„Uns erreichen erschreckende Nachrichten von Studierenden. Viele wurden bisher noch gar nicht auf die Einhaltung der 3G-Regeln überprüft, andere sprechen von Angst um ihre kranken Angehörigen,“ teilt Sprecher des StuRa Lyubomyr Tartakovskyy mit.
Am hochschuleigenen Testzentrum üben die Studierenden massive Kritik. So stehen zu Stoßzeiten die potenziell infizierten Wartenden in langen Schlangen in den Fluren des ersten Stocks des Geutebrück-Baus an der Karl-Liebknecht-Straße. „Dies ist für alle Anwesenden ein hoher Risikofaktor. Ich bin fassungslos über diese Testpraxis. Verantwortung geht anders!,“ meint Christoph Schnell, Finanzreferent des StuRa.
Tjark Delfs, Referent für Hochschulpolitik des StuRa, erklärt den Grund für die Verunsicherung der Studierenden: „An der HTWK werden die Tests von den Studierenden selbst durchgeführt, aber von einem externen Wachschutz angeleitet. Eigentlich dauert es bei den verwendeten Tests der Firma Xiamen Boson Biotech 15 bis 20 Minuten bis das Ergebnis eindeutig ist. Der Wachschutz aber lässt die Getesteten nach ein bis zwei Minuten mit der Bestätigung eines negativ ausgefallenen Tests gehen. Dann ist zwar der Kontrollstrich da, die Möglichkeit des positiven Befundes existiert jedoch immer noch. Im Anschluss wird die Bescheinigung ausgehändigt und der Test entsorgt.“
Tjark Delfs und Lyubomyr Tartakovskyy machten Rektor Mietzner am 10. November auf das systematische Unterlaufen des eigenen Hygienekonzeptes aufmerksam. Dieser entgegnete: „Wir nehmen das mit.“ Doch am Folgetag war die Praxis immer noch die selbe. Dies bestätigt Malte Winzenburg*, Student an der Fakultät Ingenieurwissenschaften. Der StudierendenRat prüft weiterhin die Praxis im Testzentrum.
Diese Vorgänge sind keine Kleinigkeit sondern eine Straftat. Bei Haufe.de wird die aktuelle Rechtslage klargestellt: „Seit dem 01. Juni 2021 ist es strafbar, wissentlich eine unrichtige Schutzimpfung gegen das Corona-Virus zu dokumentieren (§ 74 Abs. 2 IfSG), eine Bescheinigung über einen Impf- oder Test-Nachweis unrichtig auszustellen (§ 75a Abs. 1 IfSG) … .“ Aktuell prüft der StudierendenRat die Möglichkeit der Erstattung einer Anzeige.
Listen mit den Daten der Getesteten liegen offen einsehbar herum. Für alle Anwesenden ist nur ein Stift vorhanden. Die zu Testenden werden lediglich nach ihrem Studi-Ausweis gefragt. Das Personal trägt selbst keine Handschuhe. Es achtet kaum auf die Personen, welche sich selbst testen. Die Bescheinigung ist derart einfach, dass sie ohne Probleme selbst angefertigt werden kann. Teilweise standen Studierende bereits vor Ende der Öffnungszeiten vor verschlossenen Türen.
Auf die Frage des Studenten Malte Winzenburg, ob so ein Test nicht 15 Minuten bräuchte, antwortete der Mitarbeiter des Wachschutz, dass es „ja kein PCR- sondern ein Schnelltest” und deswegen „OK“ sei. Im Webauftritt des Bundesgesundheitsministerium heißt es zur Durchführung von Schnelltests: „Sie können nur durch geschultes Personal durchgeführt werden.“
Christian Apostu, Referent für Inklusion, warnt: „Die Pandemie dauert nun knapp zwei Jahre. Wir sind die Einschränkungen Leid. Wir leiden alle darunter, dass wir uns seltener sehen, weniger berühren und es so wirkt, als findet das Ganze kein Ende. Rufen wir uns in Erinnerung, warum wir das tun. Wir schützen die Menschen, die einer Infektion mit SARS-Covid-2 wahrscheinlich zum Opfer fallen würden. Menschen ab 50 Jahren, immungeschwächte Personen, Asthmatiker*innen, Menschen mit Behinderungen, Schwangere und Diabetiker*innen sind unsere Mütter, Brüder, Kolleg*innen, Partner*innen und Freunde. Sie werden durch mutwillig herbeigeführte steigende Inzidenzen und vor allem steigende Aus- oder sogar Überlastung des Gesundheitssystems doppelt benachteiligt. Es sind dann ihre Behandlungen und Operationen, die verschoben werden.“
Zumindest würden nach Aussagen des Rektors nun verstärkt Möglichkeiten zur hybriden Lehre angeboten werden. Für die Mitglieder der studentischen Vertretung jedoch sind die Maßnahmen zum Infektionsschutz im Präsenz-Betrieb in Anbetracht der pandemischen Lage unzureichend und verantwortungslos. Madelaine Uxa, Referentin für Sport und Gesundheit appelliert an die Hochschule: „Bitte nehmen Sie endlich Ihre Verantwortung wahr. Setzen Sie ein sinnvolles Hygienekonzept ein und um. Schützen Sie unser aller Gesundheit. Helfen Sie uns, das Studium für alle in Präsenz zu halten. Ein weiteres Online-Semester halten wir nicht aus.“
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Der StudierendenRat (kurz: StuRa) ist die gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller 6.400 Studierenden der HTWK Leipzig.