StuRa begleitet die Amtseinführung des neuen Rektors konstruktiv mit Arbeitsaufträgen für das neue Rektorat.
Am 26. November 2019 fand die Investitur des neuen Rektors der HTWK Leipzig statt. Damit wurde Prof. Mark Mietzner offiziell in das Rektor*innen-Amt eingeführt und bekam die Amtskette von der Vorgängerin Prof. Gesine Grande überreicht.
Unter den Gästen der Festveranstaltung befanden sich auch einige studentische Vertreter*innen der Hochschule. Die Sprecher*innen des StuRa nutzten ihr Grußwort, um die studentische Sicht auf eine*n gute*n Rektor*in zu beleuchten. Die Rede übermittelte neben einem besonderen Dank des StuRa an die ehemalige Rektorin, Frau Prof. Grande, auch einige bestehende Probleme der Studierendenschaft und somit Arbeitsaufträge für das neue Rektorat. Natürlich stießen die teils kritischen Worte unserer Sprecherin Sabine Giese dabei nicht bei allen Anwesenden auf Begeisterung.
Da die studentischen Vertreter*innen und ihre Ausführungen leider keine Erwähnung in der offiziellen Pressemitteilung der HTWK selbst finden, möchten wir diese gerne hier veröffentlichen. Bildet Euch selbst ein Urteil und gebt uns gerne Feedback zu unserer Rede:
Rede zur Feierlichen Investitur des Rektors
Sehr geehrte Frau Professorin Grande,
sehr geehrter Herr Professor Mietzner,
sehr geehrte Hochschulangehörige und Gäste,
„Lassen Sie uns das gemeinsam wagen.“ Vor fünf Jahren begrüßte uns eine neue Rektorin mit genau diesen Worten zu ihrem Amtsantritt. Damals wurde das HTWK-Schiff mit ihr nach traurigen Rückschlägen endlich wieder manövrierbar. Heute haben wir uns erneut hier versammelt, um mit wieder einmal neu besetzter Kommandobrücke in ein neues Wagnis zu starten.
Mein Name ist Sabine Giese und ich darf in Vertretung für alle Passagiere dieses Schiffes ein paar Worte zu diesem feierlichen Anlass sagen.
Doch die Hochschule ist kein Schiff und ich bin nicht nur Passagier. Genauso wie ich auch kein Produkt der Firma HTWK sein werde. Ich bin Studentin dieser Hochschule. Für mich und die Studierenden ist die HTWK mehr als nur eine Bildungseinrichtung. Die Hochschule ist ein Ort des offenen Austauschs, des konstruktiven Miteinanders und der kritischen Auseinandersetzung zu hochschulinternen, aber vor allem auch gesellschaftlichen Themen. Eine Hochschule muss kritische und engagierte Menschen mit einem gesunden staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstsein ausbilden.
Und damit das gelingt, müssen alle Beteiligten in die Hochschulentwicklung einbezogen werden - insbesondere die Studierenden selbst. Es sollte uns allen klar sein, welche Position Studierende an einer Hochschule einnehmen. Als größte Mitgliedergruppe sind wir nicht einfach nur Stakeholder - wir bilden letztlich die Existenzgrundlage der Hochschule. Doch heute möchten wir gerne verdeutlichen, welche Position die Menschen einnehmen sollen, die diese Hochschule leiten und sie nach außen vertreten. Dafür habe ich im Vorfeld der heutigen Veranstaltung einige Studis befragt, was sie von einer guten Hochschulleitung erwarten. Die meisten spiegelten mir denselben Wunsch wider: Sie wollen Ernst genommen werden. Und damit meine ich eben nicht: „Wir haben Ihre Meinung verstanden und nehmen sie mit“. Es sollte nicht nur darum gehen, ein Verständnis für Probleme zu entwickeln, sondern im konstruktiven Diskurs einen bestmöglichen Weg zu finden. Wir möchten nicht nur gehört werden. Wir möchten uns aktiv an der Weiterentwicklung unserer Hochschule beteiligen, denn die HTWK Leipzig liegt auch uns am Herzen.
Dafür wünschen sich die Studis eine Hochschulleitung, für welche die hochschulinternen, -politischen, sozialen und kulturellen Interessen der Studierenden von besonderer Bedeutung sind und stets Berücksichtigung finden.
Dabei sollte sie auch klar Position beziehen können, wenn es nötig ist. Wir akzeptieren die rechtsextreme Identitäre Bewegung an der Hochschule nicht. Wir unterstützen den Christopher Street Day zur Wertschätzung der Diversität unserer Gesellschaft. Und wir zeigen gerade in dieser Woche unsere Solidarität mit der Fridays for Future-Bewegung. Wir stehen jederzeit für die Akzeptanz aller Menschen und Solidarität in der Gesellschaft und insbesondere an der Hochschule ein. Und wir erwarten von einem guten Rektorat, dass auch dieses bedingungslos hinter diesen Werten steht und das jederzeit nach außen vertritt.
Für Studierende bedeutet eine gute Hochschulleitung also, dass diese nie den Blick für die Sicht und die alltäglichen Probleme der Studierenden verliert. Dafür ist zwingend ein aufgeschlossener und vertrauensvoller Kontakt zur studentischen Vertretung notwendig. Natürlich zeichnet sich eine gute Rektorin oder ein guter Rektor auch durch viele weitere Kompetenzen aus und all diese auf sich zu vereinen ist wohl ein eher schwieriges Unterfangen. Aus der Sicht der Studierenden hat eine Person das jedoch sehr beherzt und mutig in den vergangenen fünf Jahren geschafft: unsere Rektorin, Frau Gesine Grande.
Frau Grande hat stets daran gearbeitet, möglichst nahbar für alle Beteiligten an der Hochschule zu sein, insbesondere für die Studierenden. Sie führte hierfür niedrigschwellige Formate des Austauschs ein und hatte stets ein offenes Ohr für Studierende. Sie hatte für unsere Anliegen immer einen passenden Ratschlag und bot sogar Unterstützung in größeren Krisen der studentischen Selbstverwaltung an. Die studentische Meinung war für sie also immer hoch im Kurs. Bei etwaigen Kommunikationsproblemen nahm sie dabei auch die Rolle der Vermittlerin ein und unterstützte uns in der Zusammenarbeit mit weiteren Hochschulmitgliedern - mit denen wir uns nun durchaus erneut konfrontiert sehen.
Frau Grande hat Position bezogen, wenn es nötig war. Sie ließ menschenverachtende Nazidemos in der Hochschulnähe nicht einfach unkommentiert, sondern rief zum friedlichen Gegenprotest auf. Sie brachte öffentlich zum Ausdruck, dass die HTWK ein Ort des offenen Austausches ist, welcher für Weltoffenheit, Vielfalt, Wertschätzung von Diversität sowie kritische Auseinandersetzung in Forschung und Lehre steht. Durch ihren beherzten Einsatz an allen Ecken der HTWK war sie immer gut vernetzt und eine kompetente Ansprechpartnerin für alle Hochschulangehörigen. Dadurch förderte sie die Vielfalt an der HTWK, denn für diese Hochschule ist Vielfalt ein großer Gewinn, um sie selbst zitieren zu dürfen.
Frau Grande war mutig und entschlossen. Sie ist mitverantwortlich für die erfolgreiche Umsetzung des neuen Corporate Design und arbeite couragiert am Hochschulentwicklungsplan. Letztendlich waren viele Aufgaben und Strukturänderungen unausweichlich. Vielleicht war sie an manchen Stellen etwas zu mutig, oder der HTWK hat es letztlich etwas an Mut gefehlt.
Frau Grande hat den StudierendenRat und dieser hat sie mit der Zeit immer persönlicher kennengelernt und es wurde ein äußert kollegiales Verhältnis gepflegt, welches jedoch immer den nötigen Abstand für den Diskurs kritischer Themen gelassen hat.
Liebe Frau Grande, ich stehe hier stellvertretend im Namen aller Studierenden, mit denen sie in den letzten fünf Jahren so gut zusammengearbeitet haben, die sie unterstützt haben und mit denen sie sich durchaus auch im konstruktiven Diskurs standen: und darf Ihnen ein herzliches Dankeschön aussprechen - für ihren couragierten und unermüdlichen Einsatz für unsere Hochschule. Ihre Anerkennung uns gegenüber und Ihre Wertschätzung unseres studentischen Engagements und der damit verbundenen Arbeit hat uns immer - besonders in schwierigen Zeiten - motiviert. Sie werden uns fehlen.
Als Studierende fühlen wir uns immer verpflichtet kritisch und dafür auch etwas unbequem zu sein. Genau deshalb müssen wir heute auch anbringen: Es war knapp - es war verdammt knapp am 05. Juni 2019. Mit 14 zu 12 Stimmen wurden Sie gewählt, lieber Herr Professor Mietzner. Und auch das sollte im neuen Rektorat stets im Hinterkopf bleiben. Es ist also selbstverständlich, dass sie sich den Rückhalt der gesamten Hochschulgemeinschaft noch erarbeiten dürfen. Wir freuen uns darauf!
Sie treten also in große Fußstapfen. Daher möchten wir Ihnen einige Wünsche und Ratschläge mit auf den Weg geben - und... vielleicht ergibt sich dadurch auch direkt ein Arbeitsauftrag für das neue Rektorat.
Um der benannten Vielfalt der HTWK gerecht zu werden, müssen alle Mitglieder der Hochschule mitgenommen und deren Ansichten berücksichtigt werden. Dafür braucht es eine umfassende, inhaltliche Diskussion und ein starkes Maß an Transparenz. Denn je transparenter die Arbeitsweise erfolgt, desto eher kann Lob oder Kritik Berücksichtigung finden und gemeinsam in den Diskurs gegangen werden. Und desto eher wird die Entwicklung der Hochschule von möglichst vielen getragen und vorangebracht. Für die Gruppe der Studierenden stehen wir Ihnen immer gesprächsbereit zur Verfügung.
Doch vor allem nach den weitreichenden Änderungen im Rektorat ist nun besonders Ihre Kompetenz gefragt, das HTWK-Schiff mit einem entschlossenem Kapitän wieder in ruhige Fahrwasser zu bringen und dabei sollen dennoch genügend Kapazitäten für weitere Veränderungen bestehen bleiben. Wir wünschen uns von Ihnen, echte Gesprächsbereitschaft, Verständnis und Respekt unserer Sicht, Wertschätzung und Anerkennung sowie klare Positionierungen. Vor allem um sich den Rückhalt der Studierendenschaft zu sichern, sollten eindeutig gesetzte Statements auch vertreten werden. Als Studierende sehen wir hier die Hochschule in der Pflicht auf aktuelle gesellschaftliche Themen zu reagieren.
Gerade im Hinblick auf die Klimakrise sollten Hochschulen einen offenen Austausch mit der Zivilgesellschaft herzustellen. Unsere Studis von Students for Future organisieren gerade in dieser Woche eine Public Climate School mit einem umfassenden Bildungsangebot für alle Menschen. Hieran beteiligen sich erfreulicherweise bereits einige Lehrende der HTWK. Doch dieser Prozess muss auch von einem starken Rektorat mitgetragen werden - nicht zuletzt ergibt sich diese Third-Mission-Aufgabe auch aus dem Hochschulentwicklungsplan HTWK 2025.
Und auch im Bereich der Lehre stehen ebenso einige wichtige Themen an. Während wir uns als Spitzenhochschule bezeichnen, kämpfen unsere Lehrenden noch immer mit der hochentwickelten Technologie der Overhead-Projektoren. Bevor wir jedoch über digitale Lehrmethoden sprechen, sollten unsere Lehrenden zuerst verstehen, was „Lehren“ nach heutigem Verständnis heißt... welche Bedeutung Weiterbildungen in Didaktik haben oder wie Lehrveranstaltungen nachhaltig zu evaluieren sind. Gerade in diesem Bereich kann durch eine transparente Arbeitsweise, die alle Beteiligten einbezieht, die Qualität der Lehre gesteigert werden.
Und mit eben dieser Arbeitsweise kann auch das ausbaufähige Beratungskonzept an unserer Hochschule angegangen werden. Wir freuen uns auf die Entwicklung einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden, qualifizierten und einheitlichen Beratung, die nicht mehr wie in dem momentanen Maße vom StudierendenRat abgefedert werden muss.
Das letzte Thema, welches wir Ihnen gern mit auf den Weg geben möchten, ist die Entwicklung unseres Campus. Vor allem unter den Studierenden findet sich hier viel Unmut: Keine Lernorte, zu wenig Freiräume, keine Rückzugsorte, fehlende Barrierefreiheit, fehlende Lehrräume und dadurch zu lange Stundenpläne... Die Liste ist lang und täglich erreichen uns neue Anfragen von unzufriedenen Studierenden. Und wir als studentische Vertretung können sie gut verstehen. Denn es kann doch nicht sein, dass wir in einer Hochschule lernen müssen, in der wir uns um Gruppenarbeitsräume, Mensa-Plätze oder Lernmöglichkeiten streiten müssen und studentisches Engagement durch fehlende Räumlichkeiten behindert wird. Für eine Spitzenhochschule wie unsere ist diese Situation untragbar. Wir brauchen keine Notlösungen, wir brauchen dringend Lösungen, die gemeinsam für und mit allen Mitgliedern der Hochschule erarbeitet werden.
Liebes Rektorat, wir möchten Sie ermutigen für optimale Lösungen im Sinne aller Hochschulangehörigen zu kämpfen. Letztendlich sind die Studierenden die Leidtragenden unter der problematischen Raumsituation der HTWK Leipzig. Vielleicht wird der Unmut aller Beteiligten - und insbesondere der Studierenden - irgendwann so laut, dass unsere Worte endlich auch beim zuständigen Sächsischen Immobilien- und Baumanagement ankommen. Apropos... Campus und Klimakrise: Bedenken Sie bitte, dass die Karl-Liebknecht-Str. in den kommenden Jahren endlich für den Autoverkehr gesperrt wird. Es ist ausreichend, wenn Straßenbahnen und Fahrräder über unseren Campus fahren. Wir stecken schon mitten in den Vorbereitungen der Einweihungsfeier unseres Hauptcampus - also enttäuschen Sie uns hier bitte nicht. ;-)
Sie sehen also, liebes Rektorat, die Liste an Herausforderungen, welchen Sie sich nun stellen dürfen, ist lang - es besteht viel Handlungsbedarf.
Lieber Herr Rektor, liebe Frau Prorektorin für Bildung, lieber Herr Prorektor für Forschung, wir wünschen Ihnen für Ihre neuen Aufgaben alles Gute und von Herzen viel Erfolg. Wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit mit Ihnen als Rektorat der HTWK Leipzig. Abschließend aus unserem Hochschulentwicklungsplan zitiert: Dieser Prozess soll von einer Kultur des konstruktiven Miteinanders und einem gemeinsamen Ringen um den besten Weg geprägt sein.
Lassen Sie uns damit beginnen!
Über Eure Anmerkungen freuen wir uns unter: sprecherinnen (at) stura.htwk-leipzig.de.